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21.03.2017

Geliebte und andere Erbschleicher

Erben ist eine emotionale Sache. Nur schon, dass der Tod eines Menschen Auslöser für eine Erbschaft ist, gibt dem Thema eine besondere Dimension. Nun ist mit dem Erben aber auch oft eine Fülle an Hoffnungen und Erwartungen verbunden, die bisweilen zu Enttäuschung und Streit führt. Gerade wenn ein Verstorbener kurz vor seinem Ableben ein Testament aufgesetzt hat.
Kürzlich erregte eine Zeitungsmeldung meine Aufmerksamkeit, wonach vor Kurzem eine Vereinigung gegründet worden sei, deren Zweck es sei, Erbschleicherei zu bekämpfen. Interessant. Aufgehängt war die Meldung an einem Fall, wo ein mehrfach geschiedener Mann– nachdem bei ihm eine schwere Erkrankung diagnostiziert worden war – über eine Kennenlernplattform im Internet die Bekanntschaft einer Dame machte. Die beiden fanden – auf welcher Motivationsbasis auch immer – Gefallen aneinander, woraufhin der Mann begann, seiner Herzdame grosszügige Geschenke zu machen. Diese wiederum bemühte sich rührend um den Mann und vor allem darum, ihn vor störenden weiteren sozialen Kontakten – vor allem zu seinen Kindern – zu schützen. Die beiden heirateten schliesslich in Las Vegas. Einige Monate später verstarb der Mann. Seine Witwe beanspruchte daraufhin die Hälfte seines Erbes. Diese Geschichte weckt Erinnerungen an den spektakulären Fall der Anna Nicole Smith, die in den 90er-Jahren mit 26 Jahren den mehr als dreimal so alten Öl-Milliardär J. Howard Marshall heiratete und sich nach dessen Tod ein Jahr später einen epischen Erbstreit mit dessen Sohn lieferte. Dieser Streit dauert bis heute an, obwohl zwischenzeitlich sowohl die Witwe als auch der Sohn ebenfalls verstorben sind. Tragische Sache.

Zugegeben, diese Geschichten wecken Unmut, derlei Verhalten erscheint einem auf den ersten Blick unmoralisch, zumal man geneigt ist, den Begünstigten unlautere Motive für die Liebesbeziehung zu unterstellen. Aber meiner Meinung nach wird manchmal etwas gar schnell mit dem Begriff der Erbschleicherei operiert. Dies illustrieren die diversen Fallbeispiele, die die genannte Vereinigung auf ihrer Webseite aufführt. Es ist ein schmaler Grat zwischen liebenswürdiger Hilfsbereitschaft und dem berechnenden Schaffen und dem darauffolgenden Ausnützen einer Abhängigkeit.

Schlussendlich bleibt es dabei, man kann nicht in die Menschen hineinschauen. Und jedem, der sich eines alten Menschen annimmt, unlautere Motive zu unterstellen, ist unerhört. Zumal – und das geht gerne vergessen – niemand ein Anrecht darauf hat, überhaupt etwas zu erben. Schon gar nicht aufgrund einer weitläufigen Verwandtschaft. Aber es ist leider nicht selten so, dass Verwandte mit zukünftigen Erbschaften kalkulieren und darum jeden der Erbschleicherei bezichtigen, der sich zwischen sie und des Onkels Geld stellt bzw. stellen lässt. Da denke ich mir doch ab und zu, wer im Glashaus sitzt, der sollte nicht mit Steinen werfen.

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